ATTILA SZABO VIOLINIST

Attila Szabó wurde geboren 1941 in Budapest-Pestújhely. Sein Bruder war ebenfalls Violinist, seine Schwester Ingenieurin. Die Liebe für die Musik und sein musikalisches Talent hat er von seiner ebenfalls musizierenden Eltern geerbt. Mit 9 Jahren begann er Geigenunterricht zu nehmen, und als er seinen Bruder mit großem Erfolg spielen hörte, wusste er, dass die Musik sein Leben erfüllen würde. Seine Frau, Margit Basinszky ist ebenfalls Violinistin, entstammt einer Familie, aus welche in mehreren Generationen durch einige Jahrhunderte immer auch einzelne Musiker entsprossen sind. Seine erwachsenen Kinder sind ebenfalls mit Musik beschäftigt. Während seines internationalen Musiklebens hat er noch mehr geschafft: er ist ein bekannter Kunstsammler geworden. Diese Homepage verewigt seine Tätigkeit; deren Inhalt erweitert sich stetig.

Im „Budapester Konservatorium“ und an der „Béla Bartók Musik-Hochschule“ studierte er bei Margit Lányi, einer Flesch-Studentin, die ihm das „Flesch-System“ und die „Flesch-Musikphilosophie“ einpflanzte.  Kompositionsstudium bei Prof. I. Szelényi. Diplom für Violine und Musiktheorie und Graduierung zum Magister der Künste im Jahre 1962 an der Béla Bartók Musikhochschule. Während seiner Studienzeit im Jahre 1960 gewann er zweimal den I. Preis beim National-Wettbewerb der Musik-Akademie und „Béla Bartók Musik-Hochschule“ in den Kategorien „Duo und Quartett“. 

1969 wurde er Mitglied des „AHZ“ „Ungarischen National Konzertorchesters“  unter der Leitung von János Ferencsik. Zwei Jahre im Opernorchester Rijeka, bevor er im Jahre 1970 als 1. Konzertmeister nach Klagenfurt kam (1970-1990).

Während seiner Konzertmeister-Tätigkeit in der 70-er Jahren konnte er mehreren Musikern aus Ungarn und aus Siebenbürgen helfen, Arbeit zu bekommen. Mehrere von ihnen hat er in seinem Haus für längere Zeit aufgenommen. Während seiner Reisen in Siebenbürgen hat er viel für die Bewahrung der ungarischen Kultur getan. Durch seine Bestellungen hat er durch Jahrzehnte die siebenbürgischen Volkskünstler unterstützt.

Während seiner Konzertmeistertätigkeit hat er sein solistisches Repertoire ausgedehnt. 

In dieser Zeit konnte er vier Jahre lang im Mozarteum in Salzburg sein Können bei einem der größten Musiker des XX. Jahrhunderts, bei dem weltberühmten Geiger und Dirigenten Prof. Sándor Végh, zur Vervollkommnung bringen.

Er hatte unsagbares Glück gehabt, weil in seinem Leben zwei Linien sich zu einer Einheit verbinden konnten: die Linie von Carl Flesch (Prof. Lányi) und durch die franko-belgische Schule die Linie der Ungarischen-Schule (Prof. Végh)!  Prof. Végh war nicht nur sein Professor, sein persönlicher Freund und Mentor geworden. Die Familien haben unzählige Zeit gemeinsam in Salzburg, im italienischen Cervo, in den Häusern der Végh-Familie und im Haus der Szabós in Carinthia verbracht . (Siehe weiter ausführlicher im Abschnitt: „Mein Treffen mit Sándor Végh“.)

Das Repertoire des Szabó-Quartetts, welches er mit seiner Frau vor 50 Jahren gegründet hat, umfasst mehr als 300 Werke, die sie mit 70 bekannten Musikern 700 mal in 15 Staaten aufgeführt haben. In dieser Zeit sind mehrere CD-Produktionen und viele Radio- und TV-Aufnahmen entstanden. Für seine musikalischen Erfolge hat er das Große Ehrenkreuz von Kärnten erhalten, den Titel „Professor“ vom Österreichischen Staatspräsidenten und ferner Anerkennungen von chinesischen Universitäten. 

Diese Homepage und der dazu anschließende YouTube-Kanal zeigen Aufnahmen von seinem Lebensweg.  Im Lebensweg- Interview ist weiteres Interessantes zu lesen, welches vom „Cafe Momus“ im August 2014 gestaltet wurde.

HERVORRAGENDE  ZUSAMMENARBEIT

Attila Szabó hat als Musikpartner die Gesellschaft mit solchen Künstlern genossen, wie Tamás Vásáry, Ádám Medveczky, Csaba Onczay, Lívia Rév, Jörg Demus, Ádám Fellegi, Lucia Megyesi Schwartz.

Das Szabó-Quartett hat mit weiteren 70 hervorragenden Künstlern aus mehr als 10 Ländern mehrere 100 Konzerte gestaltet. Als Solist und Dirigent war er ständiger Gast bei verschiedenen Ensembles:

  •   Kammerorchester Göteborg 
  •   DODICI Kammerorchester
  •   Philharmonisches Orchester Győr 
  •   Landessymphonie Orchester Klagenfurt
  •   Camerata Budapest
  •   Rijeka Symphony Orchestra.
  •   Alpen-Adria Kammerphilharmonie, wo er auch Konzertmeister war.

CD AUFNAHMEN

1. Cremonese Instruments (2004, Sony): Live Concert aus dem Mozart Saal, Konzerthaus Klagenfurt. W.A. Mozart: C-Dur Streichquartett, KV 645.             A. Dvorak: Zypressen. Mitwirkend das Szabó Quartett.

2. Doppelkonzerte (1996, MKA): Mendelssohn, Kovách                 F. Mendelssohn-Bartholdy: Doppelkonzert in d-Moll für Violine, Klavier und Streichorchester A. Kovách: Doppelkonzert für Violine, Klavier und Streichorchester

Attila Szabó  als Dirigent und Solist   mit Violine, Elisabeth Schadler Klavier, und das Dodici Kammerorchester, Győr.

3. Jenő Takács, (Hungaroton, 2000): Kammerorchester Werke Camerata Budapest, Dodici Kammerorchester Győr.         Attila Szabó als Dirigent und Solist  mit Violine.

4. Jenő Takács (2001, Fono Records): Kammermusik Werke Attila Szabó Violine, Manfred Plessl Violine, Gyöngyi Keveházi und Ádám Fellegi Klavier, Attila Székely Violoncello.

Weiters unzählige Privatausgaben von früheren Aufnahmen, die auch am Webside bestellbar werden.

DAS SZABÓ-QUARTETT

– 300 Werke als Repertoire, und das „Haydn-Marathon“

Attila Szabó hat im Jahre 1979 das Szabó-Quartett gegründet, und dieses ist eine Institution in der österreichischen Musikwelt geworden. Im Repertoire des Ensembles (mehr als 450 Werke) findet man neben klassischen und romantischen Werken auch viele zeitgenössische Kompositionen.

Das Szabó-Quartett wurde auch mit erfolgreichen Uraufführungen in Österreich, Ungarn und England beauftragt, wobei mehrere Komponisten wunderbare Werke dem Quartett gewidmet haben. (Aufnahmen und Life- Sendungen im ORF oder im MR Magyar Rádió). 

Besonderen Anklang fanden die Musikzyklen. Nach dem gesamten Beethoven-Zyklus, den der ORF in seinem vollen Umfang übertragen hat, folgte der Musikschwerpunkt im Mozartjahr 1991, der Mozart-Gedächtniszyklus mit 43 Werken Mozarts und als Höhepunkt die Live-Übertragung des ORF am Todestag Mozarts. 

Weitere Zyklen waren der „Abendländische Kammermusikzyklus“ (nach Ländern und Nationen geordnet), die „Jubiläumskonzerte“ 1994, die „Hommagen“ 1997/98 und die Schlosskonzerte

Die schönsten Schlösser Kärntens, die bedeutendsten Musiksäle, Stifte und Klöster gaben den Musikabenden einen würdigen Rahmen. Beeinflusst vom südlichen Klima, von der Vielfalt der Bevölkerung am Schnittpunkt verschiedener Kulturen, erreichte das gemeinsame Musizieren in Kärnten reife Ausgewogenheit. 

Von großen Erfolgen begleitet war das Szabó-Quartett bei oftmaligen Konzerttourneen in Austria, in der Slowakei, Italien, Deutschland, Kroatien, Ungarn, Slowenien, England und auch in China.

DIE CARINTHIARTE UND DAS HAYDN-MARATHON

Die „CarinthiArte“ gründete er im Jahr 1997 als einen Verein der Freunde des Szabó-Quartetts zur Förderung junger Künstler und zur Intensivierung des Musiklebens in Kärnten. Für die geschätzten Zuhörer und Kärntner Musikstudenten hat er als größtes Jubiläums-Geschenk den gesamten Haydn-Zyklus (83 Quartette) präsentiert. Die Entstehung der Gattung Streichquartett hat das Szabó-Quartett in einem Marathon-Haydn-Konzert – in einem Zug gezeigt. Diese Konzerte vom 28.-31. Mai 2015 waren zeitlich gleichwertig mit 18 großen, selbständigen Konzert-Programmen. Dieses Mammutwerk – in der Musikgeschichte eine noch nie vorgekommene Kraftanstrengung – hat das Quartett an 4 aufeinanderfolgenden Tagen (ca. 25 Stunden) durchmusiziert. 

„Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“, Opus 51 (1787) – führt das Quartett alle Jahre am Palmsonntag in Österreich, in Italien, in Klagenfurt oder in Ebenthal auf.

ASIATISCHE LAUFBAHN

In den letzten 20 Jahren hatte er intensive Kontakte mit Japan und China. In vielen Universitäten Chinas war er Gast-Professor für Violine und Kammermusik. Bis zur Covid Pandemie hat er jährlich öfter mehrere Wochen lang in Peking, Shanghai, Nanjing, Nanchang, Hangzhou, Zhaoqing unterrichtet.  Öfters absolvierte er ganz besondere China-Tourneen.  Als Dirigent und Solist wurde er mit seinem Orchester „Austrian Legacy Philharmonic Orchestra“ von tausenden Zuhörern in 64 Großstädten Chinas gefeiert. (Peking, Shanghai, Fuzhou, Ningbo, Hangzhou, Chengdu, Wuhan, Wenzhou, Tientsin usw..).

RUNDFUNKAUFNAHMEN – KONZERTE

Zahlreiche Rundfunkaufnahmen in Österreich, Ungarn, ehem. Jugoslawien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Deutschland, Italien, England, in der Schweiz, Japan und China.

 (Von 1970 bis heute, Jahrzehnte hindurch, alle Jahre öfter.) Der ORF (Österreichisches Radio und Fernsehen) und das MR Magyar Rádió (Ungarisches Radio und Television) stellten systematisch Studioaufnahmen und Konzert-Mitschnitte seit 1970 jährlich mehrmals her. In Sendungen des Duna Televízió und der BBC ist das Szabó Quartett aufgetreten. Von diesen einige Beispiele: 

  1. 7. Mai 1973 (ORF I.) Sonatenabend Musikverein Kärnten,  E. Ysaÿe: 2. Solo Sonata, L. Weiner: Sonata in fis-Moll) Attila Szabó Violine – Elfriede Hriwa Klavier
  2. 7. April – 1975 (ORF I.) B. Bartók: 2. Violinkonzert Musikverein Kärnten Großer Konzertsaal.  Attila Szabó Violine, Dirigent Anton Marik – Klagenfurter Opernorchester
  3. 18. April, 2. Mai, 9. Mai) 1978 (ORF 1): Beethoven-Zyklus (10 Violinsonaten)            Musikverein Kärnten. Attila Szabó Violine – Philip Saudek Klavier
  4. 13. Oktober 1985. (ORF 1) Sonntagsmatinee Theatersaal ORF Kärnten. J. Haydn: Sonnenaufgang, L.v. Beethoven Quartett in c-Moll, Ernő von Dohnányi: Klavierquintett in C-Dur op. 1.   Szabó-Quartett-Charlot Linckelmann-Biber Klavier
  5. 20. Jänner–April 1986 (ORF 1.): Beethoven-Zyklus: Alle Streichquartette. Stift Viktring Freskensaal. Szabó Quartett.
  6. 25. April 1996 (ORF 1) B. Bartók: 2. Violinkonzert Musikverein Kärnten Großer Konzertsaal. Attila Szabó Violine – Dirigent Tamás Koncz – Philharmonisches Orchester Győr.
  7. 6. Oktober 1997. (BBC): Oxford, Holywell Music Room. Szabó Quartett.  L. Kentner: Streichquartett, Leó Weiner: 2. Streichquartett,  Fr. Schubert: „Der Tod und das Mädchen”    
  8. 5. Oktober 1997: (BBC. London, The Yehudi Menuhin School. Louis Kentner: Streichquartett, Fr. Schubert: „Der Tod und das Mädchen”    Szabó Quartett.
  9. 13. Mai 1998 (MR 6-os Stúdió) „Konzert Zyklus aus der Musik unseres Jahrhunderts ”                 Zsolt Durkó:  I. Streichquartett; Yannis Ioanidis: 1. Streichquartett; Miklós Kiskamoni-Szalay: 2. Streichquartett – Uraufführung; A. Kovách: Klavierquintett. Szabó Quartett, Nina Kovacič Klavier
  10. 12. Juni 2000 (MR): Magyar Rádió Marmorsaal. Fr. Schubert: A-dur Rondo. Attila Szabó Violine – Dirigent Ádám Medveczky. Dodici Kammerorchester
  11. 27. Februar 2000. (MR) Budapesti Zeneakadémia.            R. Strauss: Violin Sonata. Attila Szabó Violine – Ádám Fellegi Klavier
  12. 16. Februar 2005 (ORF) Klagenfurt,  Musikverein Kärnten  Konzerthaus Großer Konzertsaal. R. Schumann: Klavierquintett. Szabó-Quartett – Jörg Demus Klavier.
  13. 30. Januar 2000: (Duna Televízió) Landhaus Klagenfurt Wappensaal. „20 Jahre Szabó-Quartett“ Jubiläumskonzert W.A. Mozart C-Dur Streichquintett, Á Könczei.: 1. Streichquartett, P.I. Tschaikowsky: Souvenir de Florence (Streichsextett).         Szabó-Quartett: Attila Szabó 1. Violine, Mária Karnburger 2. Violine, Margit Szabó Viola, Gertraud Hajdany Cello & Wolfgang Lehner Viola – József Hajdany Cello.

SOMMER MEISTERKURSE    IN CARINTHIA UND MUSIKPÄDAGOGIK

Sommerkurse in Carinthia und Musikpädagogik

Seit 2004 bis zur Covid Pandemie hat er in Klagenfurt-Ebenthal und Kötschach-Mauthen die „Musikklassen für Streicher Europa-Asien“ geleitet (www.music-master-class.com ).

Die jungen Musiker, die Teilnehmer des Violine-, Viola- und Cello-Kurses hatten die Möglichkeit, ihr Können in verschiedenen Städten in Austria und in Italien zu beweisen. Das Unterrichten und die Arbeit in den Master Classen haben schöne Erfolge gebracht, welche bei den Konzerten in Klagenfurt, Perugia, Cremona, Venedig, Enemonzo und Kötschach mit großem Applaus belohnt wurden. 

Sein besonderes Anliegen war immer die Förderung des musikalischen Nachwuchses.

Er hat es immer für sehr wichtig gehalten, die ihm auf seinem langen Weg vererbten und gesammelten Erfahrungen und Spielkultur der nächsten Generation weitergeben zu können. So konnte er neben seiner Konzertmeister-Tätigkeit eine interessante, arbeitsreiche Zeit im Viktringer Musikgymnasium haben, wo er 30 Jahre lang als Violine-Professor tätig war. Unvergesslich bleiben ihm die vielen schönen kammermusikalischen Aufführungen, die viele Concerto’s seiner Schüler, und die Konzerte seines Schul Orchesters, wie z.B.: Die Wassermusik von G.F. Haendel, die Brandenburgischen Konzerte von J.S. Bach, die Paukenschlag Symphonie von J. Haydn.

HAUSMUSIK IM OREMUSHAUS- KONZERTSAAL

Im Jahr 1982 hat das Künstler-Ehepaar den Platz in Ebenthal, neben Klagenfurt für ihr Heim, für die Sommerkurse, für die regelmäßige Hausmusik und ihren Konzertsaal in einem alten ehemaligen Gasthof gefunden. Mit sehr viel Arbeit wurde alles restauriert und ein Konzertsaal errichtet. Der Konzertsaal im Oremushaus hat Platz für 90 Zuhörer und gibt Raum für die Instrumenten-, Bücher- und Teppich-Sammlungen und ist auf Grund seiner Einmaligkeit und seines faszinierenden Ambientes ein fixer Bestandteil der CarinthiArte geworden. Viele Musikfreunde aus allen Gesellschaftsschichten sind ständige Gäste des Hauses.

AUSZEICHNUNGEN

Für seine musikalischen Erfolge hat er das „Große Ehrenkreuz von Kärnten“ am 10. Juli 2001 erhalten und für sein musikalisches Verdienst am 8. Juni 2010 den „Professoren-Titel“ vom österreichischen Staatspräsidenten bekommen.

Begegnung mit Sándor Végh

Zwei Wochen vor einem für mich wichtigen Konzert (II. Violinkonzert von Bartók) hörte ich zufällig von der Sonderklasse Sándor Véghs. Am nächsten Morgen war ich schon in Salzburg. Im Mozarteum fand ich ihn in einem mit Studenten überfüllten Raum. Als ich eintrat, fragte er mich als Unbekannten, warum ich gekommen sei und was ich möchte.

 „Ich möchte Ihnen gerne vorspielen, wenn Sie dafür Zeit hätten“. „Natürlich“ – erwiderte er – „Sie müssen nur das Unterrichtsende abwarten“.  Er hörte sich dann Mozarts Violinkonzert in A-Dur vom Anfang bis zum Ende an, ohne ein einziges Mal zu unterbrechen. Als ich zu Ende gespielt hatte, griff er sich an den Kopf: „Mensch, wo waren Sie bis jetzt?!“ Ich erzählte ihm meinen Werdegang (Studium, Wanderjahre und dass ich seit ein paar Jahren erster Konzertmeister beim Klagenfurter Opernhaus sei).

Darauf antwortete er mir, dass er grundsätzlich niemanden von einem Orchester aufnimmt; denn er fordert, und darin sei er ein Egoist, dass sein Unterricht Erfolge bringe und der Studierende volle Freiheit besitzen sollte, diesen zu verwirklichen. „Aber“, sagte er weiter, „mit Ihnen werde ich eine Ausnahme machen“. Er bemerkte noch, es sei ein Irrglaube zu meinen, es gäbe Wunderprofessoren. Kein Professor ist  für alle Schüler geeignet und umgekehrt, sondern es existieren natürlich nur Wunder vollbringende Schüler. Ich sollte für jeweils zwei, drei Tage nach Salzburg reisen; nicht nur um in den Genuss einer Unterrichtsstunde zu kommen, sondern vielmehr um beim Anhören der Stunden anderer Studenten zu lernen, da die Probleme von einem zum anderen oft ähnlich gelagert sind und man vom Vergleich profitieren könnte.

So begann meine schönste Studienzeit, die viereinhalb Jahre währte, in der ich unglaublich viel lernte und reich beschenkt wurde. Als ich ihn nach der ersten Stunde fragte, was ich denn schuldig wäre, sagte er nur: „Das können Sie mir nicht bezahlen“ und dabei blieb es. Rückblickend kann ich heute sagen, dass ich dieses Geschenk nur mit meiner Dankbarkeit begleichen kann. 

Auch außerhalb der Unterrichtsstunden war es mir vergönnt, meine Zeit in Salzburg mit ihm als sein ganztägiger Gast zu verbringen. Mir drängen sich alle Tage seine lieben Worte in die Erinnerung, als er mich einlud, die vielen Köstlichkeiten ohne Scheu zu genießen: „lieben Sie es, mein Liebster“ – so sagt man es in seiner Heimat.

Immer nach dem Frühstück arbeitete er mit mir eine Stunde, bevor wir zum Mozarteum fuhren, wo ich, als außerordentlicher Schüler aufgenommen, vor den anderen Studierenden spielte. 

Die Unterrichtsstunden waren sehr hart und anstrengend – genau nach der alten ungarischen Schule. Sándor Végh sagte immer, dass ein talentierter Mensch dies aushalten sollte – oder wenn er dafür zu schwach sei -, das Studium abbrechen müsse. Nach dem gemeinsamen Mittagessen in seinem Haus pflegte er stets einen kurzen Mittagsschlaf zu halten, wir arbeiteten jedoch bereits vor dem Nachmittagsunterricht im Mozarteum bei ihm zu Hause weiter.

Diese gemeinsam verbrachten Stunden waren für mich von allergrößter Bedeutung. Vor allem die sprühende Konversation zwischen seiner Frau Alice und ihm und die unglaublich interessanten Erzählungen nahmen mir viel von den Hemmungen, die oft mit Ehrfurcht einhergingen. Nach solchen Stunden war ich von neuen Ideen und Gedanken sprichwörtlich vollgetankt. 

Wir hatten viele Berührungspunkte. Beginnend mit ihren enormen Sprachkenntnissen, unterhielten wir uns lange über die sumerische Sprache, die mich damals intensiv beschäftigte. Ihn interessierten auch meine Dokumentarfilme über das ehemalige Ungarn in Transsylvanien. Unsere Wurzeln stammen aus Transsylvanien: er ist gebürtiger Kolozsvárer und ich habe über meine Großmutter viele Verwandte in Siebenbürgen. Ich bin in diesem Gebiet viel herumgereist und filmte das dortige Brauchtum.

Besonders stark beeindruckt war er von der unverfälschten Volkskunst. Es gefielen ihm vor allem die Vielfalt, die Variationsfähigkeiten und die echten Gefühle, die in der dortigen Kunst zum Ausdruck kommen. Alle diese Stücke, egal, ob aus Ton gebrannt und bemalt, Holzschnitzereien oder Stickereien, waren für ihn Kunstwerke, die es ein zweites Mal nirgends gibt, und darüber fand er wieder zur Musik zurück, die man auch nie nuanciert, variabel genug spielen könne. Auch hatten wir ein gemeinsames Interesse an der Schönheit von Musikinstrumenten und dem Erkennen von solchen anhand der Fachliteratur. Ausgehend von seiner besonderen Vorliebe  für Bögen sagte er, er sei ein Bogenbigamist.

Im Laufe der Zeit entwickelte sich zwischen unseren Familien eine tiefe, ungetrübte Freundschaft. Besonders in Erinnerung geblieben sind uns die unvergesslichen Sommereinladungen ans Meer in Italien nach Cervo. Eben so froh waren wir aber auch, wenn wir die Familie Végh hin und wieder über mehrere Tage bei uns in Ebenthal als unsere Gäste begrüßen durften. Es war schön zu sehen, wie sich die Ruhe in unserem Haus auf ihn wohltuend auswirken, wenn er sich nach Zeiten anstrengender Arbeit ausruhen wollte. 

Unbändig war aber auch sein Drang, Neues kennenzulernen.

So besuchten wir alle die wichtigen Sehenswürdigkeiten Kärntens und auch teilweise des benachbarten Sloweniens. Er war besonders angetan von der Schönheit der Kärntner Landschaft und dem Zauber der Natur. 

Bei unserer Seenrundfahrt interessierte sich Végh auch für Brahms in Leonstain und wir fuhren auch am Haus Mahlers vorbei. Seine fröhliche Art, die gute Laune, sein Lachen über Witze und geistreiche Geschichten werden uns wohl immer in Erinnerung bleiben. 

Seit ich ihn kennenlernte, ist fast kein Tag vergangen, an dem ich nicht an seine Worte denke. Ich konnte nur spielen, wenn ich ihn vor mir zu sehen glaubte und dachte, wie würde  er spielen, wie würde es bei ihm klingen?

Es war ungemein aufregend, sein Spiel, ob im Unterricht oder im Konzert, zu beobachten. Und oft glaubte man, wegen seiner wunderbaren Lösungen spontan applaudieren zu müssen. Wenn er seine Stradivari zur Hand nahm, war er wie verwandelt und ausgewechselt, so als ob auf ihn Strahlen vom Himmel gerichtet wären. Seine Suggestivität war überwältigend, wie das Streicheln einer Frauenhand, manchmal wie der Knall einer Peitsche.

Der schöne, beseelte Ton war immer sprechend, so als ob er über etwas erzählen wollte. Er sagte auch, dass alle italienischen Sonaten so anfangen würden, als erzählten sie über längst vergangene Zeiten.  Doch durch die stetige Intensivierung des Spiels entstand immer mehr der Eindruck, dass alles gerade jetzt stattfinden würde.

Die makellose, verblüffende Technik war nie L’art pour l’art, bei ihm hat auch Paganini eine wahrhaft unheimliche Tiefe bekommen.

Immer wieder haben wir sein unglaubliches Gedächtnis bewundert. Niemand konnte etwas bringen, was er nicht sofort nachgespielt hätte, egal ob Etüden oder Konzertstücke. Für ihn war die Musik der Maßstab aller Dinge und wir sollten uns immer den Problemen von der musikalischen Seite her nähern. 

Technische Lösungen hätten grundsätzlich der Musik zu dienen – hier kannte er kein Pardon. Es war auch immer wichtig, die Analogie in anderen Stücken zu suchen, um festzustellen, wie diese oder jenes andere Weise zu lösen ist. 

Durch sein grundlegendes Wissen hat er uns mit früheren Zeiten verbunden. So wurden wir durch ihn zu den späten Nachfahren der französischen Violinspiels (von Hubay über Vieuxstamps bis Rode und Beriot) und konnten durch ihn eine fast vergessene Spielart wieder erkennen.

Man kann mit Fug und Recht sagen: „Wenn Pablo Casals der König des Bogens mit dem Cello war, so war es Sándor Végh an der Geige“.

Der Zauber des schönen Tons wandelte sich auf den Pfaden unseres Lebens. Seit wir unser Quartett gegründet haben, horchen wir die Aufnahmen des Végh-Quartettes bei der Konzertvorbereitungen mit größtem Vergnügen an. So bauten  wir unser großes Repertoire von mehr als 350 Werken aus. (Den gesamten Beethoven-Zyklus, die gesamte Kammermusik Literatur von Mozart, Schubert, Brahms, Haydn….) Wir spielten in verschiedenen Zyklen die unterschiedliche Musik aus verschiedenen Ländern in den schönsten Schlössern und Burgen in Kärnten und anderswo in Österreich. Es wurden die Konzerte oft vom ORF übertragen. Wir konnten uns in vielen Ländern vorstellen:  Deutschland, Italien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Schweden, Ungarn…. in Großstädten wie London, Oxford, Budapest…. Immer spielten wir mit großer Vorliebe ungarische Werke (Bartók, Kodály, Weiner, Szalay, Kovács, Takács, Durkó, Kenntner…. ) Im Laufe der Zeit haben wir in unserem Haus einen Konzertsaal eingerichtet, in dem wir regelmäßig Konzerte veranstalten.

Die schönsten meiner Erinnerungen sind die Orchester-Konzerte: Bartók II. Violinkonzert mit verschiedenen Orchestern, Mendelssohn-, Mozart-, Bach-Konzerte…. und die zahlreichen Plattenaufnahmen: Mendelssohn Doppelkonzert für Violine und Klavier, Jenö Takács gesamte Kammermusik-Werke…

„Die Sieben Letzten Worte des Erlösers” von J. Haydn, dieses musikalische Wunderwerk spielen wir alle Jahre zu Ostern wieder. Hier wird spürbar, dass der schöne Ton auch spricht. Während des Spiels sehe ich Bilder, weil Haydn musikalische Bilder komponiert hat. Es klingt eine andere Musik, wenn die große Menge schreit, es erscheint wieder ein Wohlklang, wenn Jesus spricht.

In einer italienischen Kirche haben wir dieses Werk aufgenommen, zu dem ich später die Bilder hinzugefügt habe, welche Haydn’s Musik mich zu sehen inspirierte. Diese liebevollen oder zürnenden Bilder, diese oft entgegengesetzten Empfindungen, welche wir während unseres Spiels selber empfinden, führen durch unseren erzählenden, gesprächigen Geigenklang zu einem Klangergebnis, welches die Bedeutung der vorgetragenen Werke für unsere Zuhörer auszudrücken hilft. 

In Klagenfurt lernte ich oft große Künstler kennen. Eine meiner interessantesten Erinnerungen bleibt die Begegnung mit Henrik Szeryng: Nach seinem Konzert hatten wir ein gemeinsames Abendessen und er schenkte uns auch den darauf folgenden Tag. Als wir uns gegenseitig unsere Guarnieri-Violinen bewundert hatten, spielte er einen halben Tage lang auf meinen zwei Geigen und so konnte ich sein bezauberndes Spiel unmittelbar bewundern. Eine meiner Violinen erinnerte ihn an die Geige von Josef Szigeti, weil er sagte: „diese Instrumente sind wie Zwillinge”. (Interessant, Sándor Végh, der vor seiner Stradivari-Geige eine Guarnieri del Gesu-Violine besessen hat, machte die Bemerkung, dass „mein Instrument und diese Geige ähnlich sind, wie zwei Eier”.)

Szeryng hat mich auch gebeten zu spielen, weil er mein Geigenspiel kennenlernen wollte. Er sagte dann beim Abschied, wenn er im nächsten Jahr wiederkommt, setzen wir dieses Musizieren fort. Leider war dies durch seinen Tod nicht mehr möglich.

Was habe ich Végh zu verdanken

Als Végh Sándor über die Verhältnisse der Lehrer und Schüler gesprochen hat, nämlich, dass „es gäbe keine Wunderprofessoren, sondern es existieren nur wundervollbringende Schüler“, sollte er nur halb Recht haben. Die junge Generation beobachtet ihren Meister mit Bewunderung und Schwärmerei, der Professor aber erfreut sich an den Leistungen seiner Schüler, die durch ihn eine wunderbare Entwicklung erfahren haben.

Ein Beispiel dafür sind Vieuxstemps und Ysaÿe:

Einst spazierte der alte Vieuxstemps durch die Straßen von Liège, als er aus einem Keller schöne Geigenklänge hörte. Nach dem Klang suchend fand er den 9 jährigen Ysaÿe und schickte ihn zum Studium zu Wieniawsky, seinem Assistenten. Ysaÿe erzählte später über die bewunderungswerten Lehrprozesse des alten Meisters und seines Assistenten und wie sehr er für diese Instruktionen ihnen zu Dank verpflichtet war. Ysaÿe folgte ihnen auf den Professoren-Sessel am Bruxelles Conservatoire nach. Er wurde der einflussreichste belgische Geiger und schloss die Lücke zwischen den Ahnen und den wunderbaren Geigern des modernen Zeitalters: Joachim, Sarasate – Kreisler, Heifetz, Francescatti.

Ysaÿe, wie alle die großen Geigenvirtuosen, konnte neben den Unterrichtsarbeiten mit Eigenkompositionen immer höhere Ebenen der Musikkultur erreichen. Die 6 Solosonaten folgten mit ihren halsbrecherischen, aufregendsten Forderungen auf die begonnene Entwicklung von Bach’s Partiten und Sonaten.  Ysaÿe hatte alle seine 6  Sonaten einem anderen ausgewählten großartigen Geigenvirtuosen oder talentierten Schülern gewidmet. (Szigeti József, Jacques Thibaud, Georges Enesco, Fritz Kreisler, Mathieu Crickboom, Manuel Quiroga).

Végh schloss Freundschaft mit dem Sohn Ysaÿe’s und mit dem Sohn des Ysaÿe-Schülers Crickboom. Er hat ihm erzählt und gezeigt, wie Ysaÿe selbst seine Sonaten gespielt hat! 

Béla Bartók, der große ungarische Komponist und Pianist hatte auch seine große Wirkung gehabt: die Musikgeschichte ist nicht nur für die Violinkonzerte dankbar (das erste widmete er Stefi Geyer – das zweite  Zoltán Székely), sondern auch für andere Werke, wie die großartige, schwere aber schöne Solosonate (bestellt von Jehudi Menuhin, dem er sie auch widmete) und die weiterentwickelten Gedanken nach Beethoven’s cis-Moll Quartett, die 6 Bartók-Quartette. 

Bartók war mit dem jungen Végh befreundet, dessen große Violin Virtuosität und technisches Können er für das Komponieren seiner zwei letzten Quartette zu Hilfe nahm. (So ist es verständlich, warum das Végh-Quartett solche elementaren Kräfte bei den Bartók-Interpretationen zeigt und warum bei Végh alle Bartók-Werke so verständlich und menschennahe sind!

Welche Freude bereitete es für mich, dass ich diese Ysaÿe und Bartók Werke als Teile einer authentischen Prozesses von Sándor Végh übernehmen durfte, so wie beim Staffelrennen die Läufer den Stab von einander bekommen.

Ich werde nie vergessen, mit welcher Achtung und mit welcher Liebe er meine Rundfunkaufnahmen von dem II. Violinkonzert, die Solosonate, Contrast’s, Sonate für Violine und Klavier Bartók’s, oder die Radio-Sendungen meiner Ysaÿe-Solosonaten angehört hat.

Bei unserer letzten Begegnung umarmte er mich bei Abschied und sagte, als sei es ein obligatorischer Nachlass: „die Werke Ysaÿe’s und Bartók’s sollst du nie verlassen”.

Was habe ich seinem Unterricht zu verdanken: Végh wollte mich bewußt zu der Wiege führen. Jetzt verstehe ich, warum es so wichtig war, die Etüden von Rode konzertreif zu lernen. Alle diese Etüden behandeln verschiedene spezifische Probleme des Violinspiels, wodurch man zu den Geheimnissen des Violinspiels gelangen kann!  Während er authentisch die Ahnen vermittelte, konnte er durch seinen Unterricht die großen Gestalten der Musikgeschichte neu zum Leben erwecken und ihren Spielstil, ihre sprechend erzählerische Tongebung und ihre Ausdrucksweise wachrufen.

Er hat all dieses von Hubay bekommen. Ein Beispiel dafür ist die St. Petersburger Aufführung von Tschaikowsky’s Violinkonzert: Tschaikowsky dirigierte selbst sein Werk, Hubay war der Solist (zu dieser Zeit hält Auer dieses Violinkonzert noch für unspielbar). Végh zeigte, mit welchen Fingersätzen, Bogenführungen und Phrasierungen Hubay dieses Werk zum Leben erweckte und wie Hubay die einzelnen Passagen betreffend der Weisung Tschaikowsky’s verwirklichte. Dadurch bekam ich eine Ahnung von idealem Spiel in Tschaikowsky’s Zeit und so wurde dieses Meisterwerk eines meiner Lieblingsstücke.

Es ist mir eine wunderbare Freude, wenn ich so viele Meisterwerke für meine Studenten und mein liebes Publikum erneut spiele. Ich könnte mit Ysaÿe’s Worten sagen: „Ich bin am glücklichsten, wenn ich Geige spiele, dann liebe ich die ganze Welt und lasse meine Gefühle und mein Herz sprechen.”

Prof. Mag. Szabó Attila